In meinem Ort gibt es seit Jahren ein „Hähnchenparadies“. Ein viel versprechender Name, wenn auch nicht für die Hähnchen, die sich säuberlich am Spieß aufgereiht finden, wo sie sich eine gewisse Zeit ganz um sich selbst drehen dürfen. Das kommt mir mehr wie eine Art Fegefeuer oder mehr vor, und womöglich haben sich auch die Hähnchen ihr Paradies anders vorgestellt. Hier scheint es überhaupt häufiger Missverständnisse zu geben, beispielsweise auch bei jungen Menschen überwiegend männlichen Geschlechtes orientalischer Herkunft, die sich in ihr Paradies zu katapultieren wünschen, gerne in Begleitung anderer, auch wenn diese anderes vorzögen. Allerdings hat man doch schon in früheren Zeiten Prominenten vorläufig noch lebhaftes Gesinde als Grabbeigabe hinzugefügt ohne groß zu fragen. So greift man offenbar auf bewährte Erfahrungen zurück, die unsereins allerdings ungern zu teilen wünscht. Meistens scheinen es neuerdings allerdings jüngere und weniger privilegierte Zeitgenossen zu sein, vielleicht schickt man ja heute das Gesinde schon mal vor. Paradiestester, sozusagen. Obwohl: berichtet hat von denen noch keiner, zumindest hört man wenig davon. Wäre ja doch für manchen interessant.
Früher gürtete man(n) sich, ergriff den Wanderstab und zog in die Ferne – heute – in beschleunigten Zeiten – benutzt man den Beschleunigungsgurt und zieht den Stift, und die fremde Ferne heißt Paradies, angefüllt mit dienstbaren Jungfrauen, die auf den Reisenden warten. Sollen. Hier tauchen gewisse praktische Probleme auf, die bei Zeiten geklärt sein sollten. Was ist denn, wenn oben nicht mehr alles von dem Geschnetzelten ankommt? Wenn der eine oder andere nicht ganz unwichtige Zentimeter (gerade im Zusammenhang mit den Jungfrauen) verloren gegangen sein sollte? Vielleicht war zufällig ein Hund in der Nähe, der nicht wußte was er tat? Und dann? Zumindest halten dann die Jungfrauen länger, denn in der Ewigkeit ist eine beschränkte Zahl eben irgendwann doch auch vergänglich. Und dann? Ewig nur gucken? Apropos gucken. Könnten ja auch die Augen sein, die fehlen. Dann hörte man nur die lieblichen Stimmen der Jungfrauen – ich stelle mir ein Bild vor wie beim käuflichen Telefonsex : die Oma strickt dabei vor sich hin, kühlt die Krampfadern und macht einschlägige Geräusche. Und auch der Begriff der sogenannten Jungfrau ist heute überdies doch von einer gewissen Vagheit, der froher Erwartung nicht immer gerecht wird. Und dafür der ganze Aufwand, die Schweinerei (ausgerechnet!) die vielen unfreiwilligen Begleiter, denen man da oben dann mit Sicherheit einiges zu erklären hat.
Wie bemerkt: paradiesisch ist nicht alles, was einem zunächst so vorkommt. Andererseits: vielleicht steckt in dem Bild vom irregeleiteten Hähnchen, welches sich nun am Spieß im Höllenfeuer dreht eine tiefe Wahrheit, die einem beim Betrachten eines Reklameschildes leicht entgeht.