Briefkästen

In einer Einrichtung der Bundeswehr in einem sogenannten „Einsatz“land des Balkans waren zur Verschönerung der Liegenschaft dutzende Mülleimer mit Standfuß angekommen, ähnlich denen, die man heute im stadtnahen Begleitgrün finden könnte. Dem militärischen Anlass entsprechend waren sie in mattes Olivgrün eingefärbt. Die Behälter waren an der oberen Vorderseite mit einem größeren Einwurf versehen. 

Die noch in Gruppen herumstehenden und auf den endgültigen Aufstellungsort wartenden Behälter weckten in mir alsbald eine besondere Assoziation. Schnell besorgte ich mir drei willige Mitarbeiter, die vor den Entsorgungseinrichtungen posieren und Post einwerfende Menschen simulieren sollten. Passende Fotos waren schnell erstellt. Ein dazugehöriger Text für die Redaktion der örtlichen Soldatenpresse war in meinem Kopf. Es lobten die Dargestellten die neuen Briefkästen der Bundeswehr, nicht nur allgemein, sondern auch wegen des Fassungsvermögens und der endlich ausreichend großen Einwurfsöffnungen auch für Päckchen und kleine Pakete in die Heimat. Dankbar nahm man diese Neuerung zur Kenntnis. Ein Bild mit drei einwerfenden Soldaten unterschiedlichen Alters sowie der kommentierende Text erschienen kurz darauf in der Lagerzeitung – ein kleiner Spaß, so war es gedacht. 

Bald jedoch nahm sich die Obrigkeit dieses Beitrages an. Es wurde ermittelt, bewertet und den Bedenken des Rechtsbeistandes klein beigegeben: Die Zweckentfremdung und Darstellung der Mülleimer als Briefkästen sei ein unzulässiger Eingriff in die Menschenwürde der hier stationierten Soldaten, mögliche Folgen seien schwer zu kalkulieren und Ungemach seitens des Herrn Wehrbeauftragten drohe, sollten die liebestrunkenen Ergüsse eines der jungen Soldaten versehentlich sowie in Verkennung der Umstände im Mülleimer landen. Kurzum: mit scharfen Worten wurde die „unzulässige Aktion“ seitens der Führung gerügt und eine unmittelbare Gegendarstellung in der Lagerzeitung nebst ausdrücklicher Rücknahme des beanstandeten Artikels verfügt. Es versteht sich, dass mir die Gegendarstellung überlassen wurde. In gesetzten Worten konnte ich feststellen, dass das gewohnte Gelb des Postbriefkastens auch unter „Einsatz“bedingungen auch künftig gewahrt bleiben und der „Truppenversuch“ in Grün mit sofortiger Wirkung abgebrochen würde. Auch wenn es bedauerlich sei, die unbestreitbaren Vorzüge der neuen Behälter nicht weiter nutzen zu können, sorge man sich nun um eine anderen Gebrauch, möglicher Weise als Behälter zur Entsorgung allfälliger Überstände, dies werde derzeit sorgfältig geprüft und alsbald verfügt. Man möge hierzu die Lagerpresse weiter verfolgen.